
Mit dem neuen Trend-Report zur Employee Experience 2025 legt Qualtrics eine deutliche These vor: Employee Experience rückt stärker in den Fokus strategischer Diskussionen – nicht nur in der HR-Funktion, sondern als Bestandteil einer breiter gedachten organisationalen Steuerung. Doch während dieser Bedeutungszuwachs in der Studie klar betont wird, zeigt die Praxis ein ambivalentes Bild. Noch immer behandeln viele Unternehmen EX vorrangig als Instrument zur Zufriedenheitssteigerung, eingebettet in HR-Initiativen, nicht als Hebel für Transformation und unternehmerische Resilienz.
Gerade deshalb lohnt sich ein genauerer Blick: Welche Entwicklungen lassen sich empirisch erkennen? Welche strategischen Ansprüche werden an EX geknüpft – und welche Voraussetzungen braucht es, um diese einzulösen? Der aktuelle Report liefert dafür Impulse, aber auch Anlass zur Diskussion über Reichweite, Umsetzung und systemische Verankerung von EX-Initiativen.
EX unter strategischem Erwartungsdruck: Vom Wohlfühlversprechen zur Transformationsaufgabe
Die zugrunde liegende Studie basiert auf einer globalen Befragung durch Qualtrics. Im Juli 2024 wurden 35.023 Beschäftigte aus 22 Ländern und 30 Branchen befragt. Die teilnehmenden Unternehmen reichten in ihrer Größe von 100 bis 50.000 Mitarbeitenden. Dieses breite Sample verleiht dem Report eine solide empirische Grundlage, um internationale Entwicklungen im Bereich Employee Experience vergleichend zu betrachten – auch wenn regionale Spezifika nicht im Fokus der Auswertung stehen.
Im Mittelpunkt steht die These, dass Employee Experience (EX) stärker in strategische Steuerungsfragen rückt – als Antwort auf Fachkräftemangel, technologischen Wandel und gestiegene Veränderungserwartungen an Organisationen. EX soll nicht mehr allein das Erleben von Mitarbeitenden verbessern, sondern konkret zur organisationalen Resilienz und Wandlungsfähigkeit beitragen.
Drei Beobachtungen aus der Studie verdeutlichen diese Verschiebung:
- EX rückt auf die Agenda des Top-Managements. Mehr Unternehmen verknüpfen EX-Themen mit Fragen der Geschäftsentwicklung, der kulturellen Ausrichtung und der Zukunftsfähigkeit ihrer Organisation.
- Technologieeinsatz wird breiter gedacht. KI-gestützte Tools und Plattformen werden nicht nur zur Effizienzsteigerung eingesetzt, sondern zunehmend auch zur Steuerung personalisierter Lern- und Feedbackprozesse entlang der Employee Journey.
- EX-Metriken gewinnen strategische Bedeutung. Unternehmen beginnen, Wirkungsketten zwischen Mitarbeitendenerleben, Performance und Transformationsfähigkeit systematisch zu analysieren – auch wenn viele dabei noch am Anfang stehen.
Diese Entwicklungen signalisieren eine neue inhaltliche Ausrichtung der EX-Aktivitäte. Doch in der Praxis zeigt sich oft ein differenziertes Bild: Während einige Organisationen EX bereits als systemisches Steuerungsthema verstanden haben, bleibt es in anderen weiterhin auf die Rolle eines operativen Instruments innerhalb der HR-Funktion beschränkt. Der Report skizziert also weniger einen bereits erreichten Status quo als vielmehr ein Zielbild – und macht die bestehende Umsetzungslücke deutlich sichtbar.
EX als strategischer Hebel: Drei Perspektiven auf Wirkung, Potenzial und Voraussetzungen
Die Studie skizziert ein ambitioniertes Zielbild: Employee Experience soll nicht länger nur für Zufriedenheit sorgen – sie soll Veränderung ermöglichen. Unternehmen stehen vor der Aufgabe, EX so auszurichten, dass Mitarbeitende aktiv zum Gelingen von Wandel und Transformation beitragen. Damit verändert sich auch die Erwartung: Statt punktueller Maßnahmen braucht es integrierte Konzepte, die EX als Teil der strategischen Steuerung mitdenken.
Drei Perspektiven verdeutlichen, was dieser Anspruch konkret bedeutet:
1. Employee Experience muss Teilhabe ermöglichen – und Motor für Kultur- und Führungswandel werden
EX galt lange als Synonym für Obstkorb, Kicker und andere Wohlfühlmaßnahmen. Inzwischen geht es verstärkt um die Prozessbegleitung – etwa beim Onboarding oder in der Optimierung von Mitarbeiterservices. Doch das reicht nicht aus, wenn Organisationen unter permanentem Veränderungsdruck stehen. EX muss gezielt Formate schaffen, die Teilhabe ermöglichen, Engagement fördern und Sinn vermitteln. Dazu gehören Feedbackprozesse, offene Dialogräume, Beteiligungsplattformen und Lernangebote, die Orientierung geben. Entscheidend ist: Diese Teilhabe darf nicht folgenlos bleiben. Sie muss zur Veränderung von Führungshaltung, Entscheidungslogiken und Zusammenarbeit beitragen. Nur wenn EX als Treiber für Kultur- und Führungswandel verstanden und umgesetzt wird, kann sie ihre Wirkung in der Transformation entfalten.
2. EX muss mit KI personalisiert und kontextbezogen gestaltbar werden
Der Einsatz von KI im Kontext der Employee Experience konzentriert sich bislang vor allem auf die bessere Auswertung von Feedback – insbesondere von unstrukturierten Daten aus Kommentaren, Interviews oder Stimmungsanalysen. Diese analytische Nutzung schafft wertvolle Einblicke in das Erleben der Mitarbeitenden und hilft dabei, Trends und Stimmungen frühzeitig zu erkennen. Doch das allein reicht nicht aus. Das Potenzial von KI für EX liegt nicht nur im besseren Verstehen – sondern im gezielten Gestalten.
Künftig muss es darum gehen, KI auch zur personalisierenden Steuerung von Lernpfaden, zur Bereitstellung relevanter Informationen im Arbeitskontext und zur dynamischen Anpassung von Services entlang der Employee Journey einzusetzen. Mitarbeitende sollen im richtigen Moment genau das erhalten, was sie für ihre Entwicklung, Orientierung oder Beteiligung benötigen. Diese dynamische Aussteuerung schafft die Grundlage dafür, dass die konzeptionellen Ideen eines adaptiven und nutzerzentrierten Experience Managements in der Praxis tatsächlich umsetzbar werden.
Voraussetzung dafür ist eine tragfähige technologische und organisatorische Basis: gute Daten, klare Verantwortlichkeiten, ethische Leitplanken – und das Verständnis, dass KI nicht als Selbstzweck eingeführt wird, sondern als Werkzeug für eine bessere Experience. EX muss von Anfang an so gedacht werden, dass KI nicht nur beobachtet, sondern sinnvoll unterstützt.
3. EX braucht eine Kultur, die Beteiligung zulässt – und Führung, die sie ermöglicht
Employee Experience wirkt nur, wenn sie auf fruchtbaren Boden fällt. Tools, Formate und Technologien entfalten keine Wirkung, wenn Kultur und Führung an alten Denkmustern festhalten. Eine gute Experience entsteht dort, wo Vertrauen, Offenheit und Verantwortung nicht nur versprochen, sondern gelebt werden.
Wer EX nutzen will, um Wandel zu gestalten, muss deshalb auch an den Grundfesten der Zusammenarbeit arbeiten: Führung muss Räume öffnen statt kontrollieren, Entscheidungen transparent machen, Orientierung geben und Beteiligung aktiv fördern. Kultur darf nicht nur als Hintergrundrauschen betrachtet werden – sie ist das Betriebssystem, auf dem Experience überhaupt erst möglich wird.
EX kann Katalysator für neue Führung und Kultur sein – aber nur, wenn Führung und Kultur bereit sind, sich selbst infrage zu stellen.
Fazit: EX neu denken – als strategische Antwort auf Veränderungsdruck
Wenn Organisationen wirksam bleiben wollen, reicht es nicht, Prozesse zu digitalisieren oder einzelne Touchpoints zu verbessern. Es braucht Ansätze, die Mitarbeitende beteiligen, Orientierung geben und Wandel erlebbar machen. Genau hier liegt das Potenzial von Employee Experience – wenn sie strategisch gedacht und konsequent umgesetzt wird.
Der aktuelle Report von Qualtrics liefert dafür wichtige Impulse. Doch zwischen Zielbild und Wirklichkeit besteht häufig noch eine Lücke. Damit EX tatsächlich zur Wirkung kommt, braucht es ein klares Bekenntnis zu drei Gestaltungsprinzipien:
- Teilhabeförderung statt Prozessbegleitung: EX darf sich nicht auf die Optimierung von Services beschränken – sie muss Räume für Mitgestaltung schaffen.
- Gestaltung durch Technologie: KI soll nicht nur beobachten, sondern dazu befähigen, Experience dynamisch und kontextbezogen zu steuern.
- Kulturelle Anschlussfähigkeit: EX-Initiativen entfalten nur dann Wirkung, wenn sie von einer Führungskultur getragen werden, die Vertrauen und Verantwortung ernst nimmt.
![]() | Den vollständigen Trend-Report mit allen Zahlen, Insights und Empfehlungen findest du im Shift/CX Download-Center:
|
---|
Ausblick: Welche Experience brauchen wir – und wofür?
Wenn wir Employee Experience weiterdenken, kommen wir an einer Frage nicht vorbei: Wie gestalten wir EX so, dass sie nicht nur gut gemeint ist – sondern wirksam wird? Nicht als Maßnahme neben dem Tagesgeschäft, sondern als Bestandteil einer Organisation, die Veränderung zulässt, Menschen einbindet und Orientierung gibt.
Diese Fragen nehmen wir mit in die Vorbereitung des SHIFT/HR Employee Experience SUMMIT im September. Dort wollen wir gemeinsam mit euch diskutieren, wie EX konkret zur Veränderungskraft im Unternehmen werden kann:
- Was braucht es, damit Teilhabe mehr ist als ein Feedbackformular?
- Wie gelingt der Brückenschlag zwischen Technologie und echter Wirkung?
- Und wie verändern sich Führung und Kultur, wenn Experience konsequent gestaltet wird?
Lass uns diese Diskussion führen – offen, praxisnah und zukunftsorientiert. Der Report ist ein erster Aufschlag. Die echte Arbeit beginnt jetzt – in unseren Organisationen, mit unseren Entscheidungen.
Wir legen großen Wert auf sachliche und unabhängige Beiträge. Um nachvollziehbar zu machen, unter welchen Rahmenbedingungen unsere Inhalte entstehen, geben wir folgende Hinweise:
- Partnerschaften: Vorgestellte Lösungsanbieter können Partner oder Sponsoren unserer Veranstaltungen sein. Dies beeinflusst jedoch nicht die redaktionelle Auswahl oder Bewertung im Beitrag.
- Einsatz von KI-Tools: Bei der Texterstellung und grafischen Aufbereitung unterstützen uns KI-gestützte Werkzeuge. Die inhaltlichen Aussagen beruhen auf eigener Recherche, werden redaktionell geprüft und spiegeln die fachliche Einschätzung des Autors wider.
- Quellenangaben: Externe Studien, Daten und Zitate werden transparent kenntlich gemacht und mit entsprechenden Quellen belegt.
- Aktualität: Alle Inhalte beziehen sich auf den Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Spätere Entwicklungen können einzelne Aussagen überholen.
- Gastbeiträge und Interviews: Beiträge von externen Autorinnen und Autoren – etwa in Form von Interviews oder Gastbeiträgen – sind klar gekennzeichnet und geben die jeweilige persönliche Meinung wieder.