Ellen Trude (Openthinking): HR muss in vielen Themen den Anschluss an die aktuellen Veränderungen finden!

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Wie schon bei anderen Veranstaltungen bereiten wir auch die Veranstaltungsreihe HR Innovation SUMMIT mit dem Talent Management FORUM am 17.04., dem Workforce Analytics FORUM am 18.04. sowie die Grundlagen-Seminar zum Talent Management am 16.04. mit verschiedenen Beiträgen vor. Unterstützt werden wir dabei wie an anderer Stelle auch durch Ellen Trude, unsere Themenexpertin zum Thema Personal- und Organisationsentwicklung. Ihre Meinung äußernd als @e_trude auf Twitter, beratend tätig im Themenfeld "Social & Workplace Learning" unter Openthinking.de und ihr Wissen weitergebend auf Slideshare unter @etrude - ist Ellen nicht nur in der Social Learning & Collaboration Community bekannt und geschätzt. Vor diesem Hintergrund freuen wir uns auch sehr über ihre zukünftige Unterstützung in unserem "neuen" Themenfeld. Zur Einführung in das Blog haben wir Ellen Trude (XING / LinkedIn) ein paar Fragen gestellt, die sie uns freundlicher Weise sehr umfassend beantwortet hat.

1) Ellen - Du unterstützt uns bei der Diskussion unserer Veranstaltungen im Themenfeld digitale Transformation sowie Personal- und Organisationsentwicklung. Kannst Du kurz ein paar Worte zu Deiner Person und Deinem Hintergrund verlieren?

Ich bin gelernte Pädagogin und hatte das Glück, infolge damaligem Einstellungsstops für Lehrer/-innen zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung der Bayer AG zu finden. In 28 Jahren Betriebszugehörigkeit konnte ich alle 4 Jahre neue Aufgaben übernehmen, die ich im Rückblick als gute Erfahrungswerte für den Prozess, den das Web 2.0 mit mir „anstellte“, verstehen lernte. In den letzten sechs Jahren bei Bayer (2012 ging ich in den Vorruhestand) konnte ich, damals noch unter dem Label Web 2. / E 2.0 und aufkommende Social Media, bei internen Projekten zu anderen Formen der Kollaboration, Social Media Aktivitäten, vor allem aber zur Entwicklung des Lernens in Communities (Kurs Enjoy Social Media) arbeiten. Seit 2012 kann ich mich diesen meinen Interessensgebieten Digital Workplace & zeitgemäßes Lernen (Bildung 4.0) verstärkt widmen.

2) Mit dem Talent Management & Workforce Analytics FORUM haben wir für dieses Jahr zwei neue Themenfelder auf der Veranstaltungsseite in Angriff genommen. Wie bewertest Du diese Themen? Gibt es ausreichend Diskussionsbedarf für diese Themen - so dass sie die Veranstaltungen rechtfertigen?

Die Frage des Diskussionsbedarfes ist für mich auch eine Frage, ob es Diskussionswillige gibt. Ich konnte in der Vergangenheit an etlichen Eurer Veranstaltungen teilnehmen und habe festgestellt, dass der Anteil der Interessierten aus HR zu wachsen scheint. Damit offensichtlich auch der Bedarf zu diskutieren, wie ich in vielen persönlichen Gesprächen aus den Veranstaltungen, aber auch aus meinen Kontakten zu Unternehmen feststellen konnte. Jetzt ein Forum zu etablieren, das die Diskussion und gemeinsames Arbeiten an Fragen und Lösungen ermöglicht, ist m. E. dringend erforderlich. Das Thema Recruiting ist dank Social Media schon weiter fortgeschritten als das des Talent-Management, das nicht mehr isoliert aus tradierter Personalentwicklerperpektive mit alten Evaluations- und Messkriterien betrachtet werden kann. Wenn wir z. B. auf die Kompetenzdiskussionen für 4.0, auf die Themen Digital Workplace mit anderen Formen der Kommunikation, Kollaboration und Vernetzung schauen und nicht zuletzt auf die umfassenden #WOL-Aktivitäten, dann muss HR zwingend in den meisten Aufgabenfeldern den Anschluss an die aktuellen Veränderungen finden. Wenn ich denn noch im Unternehmen wäre, würde es mich als HR-lerin in eben diesen Austausch drängen.

3) Sowohl das Thema Talent Management - als auch die Analyse von HR Daten ist ja nun nichts "hoch Innovatives" - sondern wird schon seit Jahren diskutiert. Was aber hat sich geändert, dass es diesen neuen Diskussionsbedarf gibt?

Provokant möchte ich formulieren: wenn wir in HR etwas gut können, dann ist es, auf Basis von Daten (Eignungsdiagnostik, Lernmanagementsysteme, Evaluation von Trainingsveranstaltungen, 360-Grad-Feedbacks uvm.) Daten richtig gut zu erheben, schließlich lassen sich hervorragende Statistiken daraus erstellen. Doch nun eine Analyse darüber anzustellen, ob diese Erhebungen und wenn ja, in welchem Umfang, auch nachhaltige Veränderungen bewirkten, führt uns nicht weiter. Was aber weiterführt ist, die Indikatoren, die das qualifizierte Arbeiten im digitalen Zeitalter ausmachen, zu identifizieren und die Faktoren, die im Social Web etwa unter Online Reputation, Social Scores etc. subsumiert werden, in die interne Evaluation einzubinden. Ein Talent findet sich im Unternehmen heute nicht mehr nur durch hierarchische Förderung, sondern im Unternehmensnetzwerk durch Sichtbarkeit und damit (fast) objektive Nachweisbarkeit. Hoch innovativ wäre es für mich (das Einverständnis des Betriebsrates vorausgesetzt), Daten im Enterprise Social Network (kruz ESN) derart zu erheben, dass die vorhin genannten Indikatoren und Faktoren ermittelt werden und daraus die unterstützenden Maßnahmen umgesetzt werden können. Künstliche Intelligenz wird künftig schneller und besser ermitteln und auswerten, und HR wird, wenn es denn diesen Weg zulässt, den Benefit erleben, der der KI beigegeben wird: mehr Zeit für das Wesentliche. Heißt für HR: andere Daten erheben ja und individuelle Serviceleistung für den Menschen im Unternehmen erbringen.

4) Was sind für Dich die neuen Ansatzpunkte und Themen in diesem Bereich?

Ein neues Thema für HR selbst ist mit Sicherheit die Sichtbarkeit von HR im Netzwerk des Unternehmens. Ich nehme immer wieder wahr, dass den meisten aus HR schlicht und ergreifend die Erfahrung fundierter Aktivitäten im ESN fehlt, von anderen Formen der Kommunikation & Kollaboration ganz zu schweigen. Doch andere Themen aus der Entwicklung des Digital Workplace, aber auch gesellschaftlicher und ökonomischer Sicht werden auf HR einwirken: KI ist bereits angesprochen, Social Bots sehe ich zunehmend als Unterstützung im täglichen Arbeiten & Lernen. HR unter dem Gedanken und mit den Konsequenzen und Chancen der Plattformisierung weiter zu entwickeln wird m. E. auf jeden Fall kommen. Ob mit oder ohne Beteiligung von HR wird die Zukunft zeigen.

5) Es heißt ja immer wieder - HR muss zum Gestalter der digitalen Transformation werden. Dabei weniger Ressourcen verwalten und vielmehr das "Human Capital" fördern, befähigen und richtig einsetzen. Können wir dann folgern - dass die HR-Verantwortlichen, die auf die diskutierten Themen setzen, dann zu den Gestaltern gehören?

Die Frage, ob HR Gestalter ist oder nicht, erinnert mich an früher, wer denn das Thema im Unternehmen treibe. Meist waren (und sind) es IT oder Kommunikation, die initiativ vorangehen. Zunehmend zeigt sich, dass die digitale Transformation mit Denken in Zuständigkeiten kontraproduktiv wirkt. Die Gestaltung der digitalen Transformation ist, zwar in unterschiedlicher Ausprägung, generell das Thema und die Zuständigkeit eines jeden Einzelnen. Damit HR gestalten kann, muss es seine hierarchischen Verkrustung aufweichen, und zwar flächendeckend. Sicher sehen wir immer mehr Personen aus HR, die andere Wege gehen, hier aber von einer grundlegenden Änderung zu sprechen, wäre verfehlt. Es ist schlicht und ergreifend die Aufgabe von HR, das Human Capital zu fördern, zu befähigen und zu unterstützen, dass Einzelne richtig eingesetzt werden. Ein Besinnen auf diese Aufgabe hätte auch ohne den Touch des Digitalen hinreichend gestalterische Elemente. Wenn den Einzelnen bereits abverlangt wird, sich den Neuerungen zu stellen (ESN, Arbeiten in Communities zum Beispiel), dann gestalten die Einzelnen schon jetzt die Digitale Transformation mit. Diesen Prozess und damit das Human Capital zu unterstützen sollte die gestalterische Aufgabe von HR sein.

6) Mit welchen Themen und Inhalten willst Du Dich im Rahmen dieses Blogs einbringen?

Meine Antworten färben bereits ein wenig die Themen ein. Ich möchte einzelne Aspekte, die ich hier habe anklingen lassen, in meinen Beiträgen vertiefen und zur Diskussion (hier im Blog und vor Ort) stellen.
Vielen Dank für Deine Antworten