„Skills-based Organizations“ – Kompetenzorientierte Unternehmen: Was bedeutet der Paradigmenwechsel für Unternehmen?

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Die Anforderungen der Arbeitswelt 4.0, der Fachkräftemangel und nicht zuletzt die Auswirkungen der Pandemie verändern nachhaltig unser Verständnis von Arbeit. Wo früher feste Strukturen den Berufsalltag prägten, sind heute dynamische Organisationsformen, Innovation und Flexibilität das Gebot der Stunde. Wer also langfristig wettbewerbsfähig bleiben will, muss sich an diese neuen Anforderungen anpassen. Doch wie? Die Lösung verspricht das Modell der Kompetenzorientierung, das Mitarbeitende und ihre Fähigkeiten ins Zentrum stellt. Mit diesem Ansatz wollen wir uns in dieser Serie zum Thema „skills-based organization“, das wir hier bereits als Meta-Thema für die Shift/HR Veranstaltungen 2022 vorgesehen haben, nun auch hier intensiver befassen. 

Im ersten Beitrag dreht sich alles um die Frage: Was bedeutet Kompetenzorientierung konkret für Unternehmen? In den folgenden Artikeln werden dann u. a. die Veränderungen im Recruiting und in der Personalentwicklung genau unter die Lupe genommen.

Mehr als nur Trend für 2022: Kompetenzorientierung

David Green, Executive Director der Unternehmensberatung Insight 22, prognostizierte jüngst einen Paradigmenwechsel hin zur Kompetenzorientierung. In seinem Beitrag „Building the Future Organization: 12 Predictions for HR in 2022” beschreibt er die Verschiebung des Fokus weg von Ressourcen und Performance hin zu Fähigkeiten und Potenzialen in Unternehmen (die restlichen 11 Trends haben wir hier zusammengefasst). Auch große Beratungshäuser wie Accenture und Deloitte haben sich dieser Veränderung verschrieben mit dem Ziel, die Arbeitswelt nachhaltig zu verbessern: Fähigkeiten sollen zukünftig anstelle von Positionen darüber entscheiden, wie in Unternehmen gearbeitet wird. Auch Anerkennung und Gehalt gehören laut ihnen von Titeln und Zertifikaten gelöst und an den individuellen Beitrag zum Unternehmenserfolg geknüpft, um die Arbeit und Arbeitswelt menschlicher zu gestalten. Dieser Ansatz bietet insbesondere unter dem Stichwort Diversity große Möglichkeiten, da er ein holistischeres Bild von Mitarbeitenden fördert.

Auch wenn die Grundidee, dass die Kompetenzen der Mitarbeitenden das eigentliche Kapital von Unternehmen sind und maßgeblich zu ihrem Erfolg beitragen, nicht neu ist, so ist es doch ihre Priorisierung. Denn der Fokus lag lange Zeit auf standardisierten Stellenbeschreibungen und rigiden Vorstellungen von den für die jeweiligen Positionen erforderlichen Qualifikationen. Hier mag der ein oder andere aufhorchen: Gibt es zwischen Qualifikationen und Kompetenzen überhaupt einen Unterschied?

Qualifikationen versus Kompetenzen

Im Alltagsverständnis werden sie häufig synonym verwendet, in ihrer Bedeutung unterscheiden sich Kompetenzen und Qualifikationen dennoch. Qualifikationen beziehen sich auf eng mit unternehmerischen Tätigkeitsfeldern verknüpfte Fertigkeiten oder Wissen. Zudem zeichnet Qualifikationen aus, dass sie sich durch einen Nachweis wie beispielsweise einem schulischen oder universitären Abschluss formal verbriefen lassen. Dies ist bei Kompetenzen hingegen nicht zwingend der Fall. Der Kompetenzbegriff schließt Qualifikationen zwar mit ein, geht jedoch darüber hinaus: Denn im Fokus steht vielmehr die Fähigkeit zum erfolgreichen Transfer, also der Einsatz der Fertigkeiten unter neuen Bedingungen oder in unbekannten Situationen. Hieran wird deutlich, woraus sich der Vorteil einer Kompetenzorientierung ergibt: Sie ermöglicht Handlungsfähigkeit in Zeiten der Unbeständigkeit. Somit wird die Kompetenzorientierung dem Anspruch an eine kontinuierliche Anpassungsfähigkeit gerecht. Wer also auf Kompetenz setzt, ist flexibler und widerstandsfähiger. 

Neues Mindset: Skills statt Stellen

Da die mit Kompetenzen assoziierten Fähig- und Fertigkeiten nicht immer durch ein Zertifikat nachweisbar und dadurch schwieriger zu ermitteln sind, erfordert die Orientierung an ihnen ein Umdenken in Unternehmen. Es braucht ein neues Mindset, damit Kompetenzen dort zur Währung werden, wo früher Qualifikationen den Ton angaben. Dies bedeutet auch eine Abkehr von dem klassischen Modell der Arbeitsorganisation in Stellen, Arbeitsplätze und starre Tätigkeitsbeschreibungen. Diese Transformation mitzugestalten, ist eine zentrale Herausforderung aller Organisationsbereiche und setzt eine hohe Lern- und Veränderungsbereitschaft seitens des Unternehmens voraus. Es gilt Antworten zu finden auf Fragen wie: 

  • Welche Kompetenzen sind für unsere Organisation geschäftskritisch? 
  • In welchen Unternehmensbereichen gibt es bei uns Kompetenzüberschneidungen, die horizontale und vertikale Karrierepfade ermöglichen? 
  • Welche Fähigkeiten werden zukünftig gefragt sein und welche nicht? 
  • Welche Kompetenzen möchten unsere Mitarbeitenden erwerben oder ausbauen? 

Die Herausforderung besteht folglich darin, die Ergebnisse der Analyse in konkrete Handlungen umzusetzen und Rahmenbedingungen für Entwicklung zu schaffen – nicht nur, aber insbesondere in Unternehmen, die in ihren Strukturen noch stark in traditionellen Mustern verhaftet sind. Denn nur wenn den Mitarbeitenden Möglichkeiten geboten werden, ihre Fähigkeiten effektiv einzubringen, können sie ihr volles Potenzial ausschöpfen und dadurch einen echten Mehrwert schaffen. 

Wie geht es weiter? Kompetenzorientierte Organisationen und die Zukunft der Arbeit

Die letzten Jahre haben erhebliche Veränderungen in Unternehmen erforderlich gemacht und die Vorteile einer kompetenzorientierten Unternehmensführung aufgezeigt. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter und deren Fähigkeiten ins Zentrum ihrer Personalstrategie stellen, haben nicht nur einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, sondern positionieren sich nach außen und innen auch als zukunftsfähige, attraktive Arbeitgeber. Außerdem nehmen sie dadurch die Rolle von Thought Leadern ein und haben so die Chance, selbst aktiv die Zukunft der Arbeit mitzugestalten.

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